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Großer Bahnhof, vergessene Geschichte: Maler, Bildhauer und Museums-Kurator mit Eisenbahn-Faible

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„Künstlerdorf“
Martin Peschel
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Foto von Martin Peschel, „Künstlerdorf“, BrieselangFoto von Martin Peschel, „Künstlerdorf“, BrieselangFoto von Martin Peschel, „Künstlerdorf“, BrieselangFoto von Martin Peschel, „Künstlerdorf“, BrieselangFoto von Martin Peschel, „Künstlerdorf“, BrieselangFoto von Martin Peschel, „Künstlerdorf“, BrieselangFoto von Martin Peschel, „Künstlerdorf“, BrieselangFoto von Martin Peschel, „Künstlerdorf“, BrieselangFoto von Martin Peschel, „Künstlerdorf“, BrieselangFoto von Martin Peschel, „Künstlerdorf“, BrieselangFoto von Martin Peschel, „Künstlerdorf“, Brieselang

Unbekanntes Künstlerdorf

Stand: August 2020

Brieselang ist für manches bekannt, doch als Künstlergemeinde ist der Ort kaum ein Begriff. Dabei entstanden hier Arbeiten, die weithin ausstrahlten oder in Zeitschriften und Büchern ein Millionenpublikum erreichten. Dies alles kommt bei einem Technik-Lehrer mit Eisenbahn-Faible zusammen!

Auslöser für die kleine Künstlerkolonie war der Bildhauer Christian Theunert.
Er wurde 1899 in Neuwied am Rhein geboren, kam 1924 an die Berliner „Hochschule für die Bildenden Künste“ und entdeckte Brieselang als günstigen Wohnort. Nachdem er erleben musste, wie 1934 seine erste Einzelausstellung von der Polizei geschlossen worden war, schätzte er Brieselang als „Versteck“.

Besser als die Polizei erlaubt
Christian Theunert wurde später in Westdeutschland sehr bekannt. 1967 hatte der prominente Aktionskünstler Ben Wagin in Berlin eine Gesamtschau mit dessen Werken organisiert. „Sein Haus befand sich an der Straße Am Wald“, weiß Martin Peschel. Der 59-Jährige macht das Atelier von Hans Klakow der Öffentlichkeit zugänglich. Er kannte den Künstler persönlich: „Theunert und Klakow waren gleich alt. Beide studierten zur selben Zeit bei Professor Edwin Scharff.“
Dessen Werke fanden später Einzug in die ersten beiden „documenta“-Ausstellungen. Hamburg ehrt ihn mit dem Edwin-Scharff-Preis.

Künstler-Magnet
Theunert machte seinem Studienkollegen Klakow Brieselang wohl derart schmackhaft, dass dieser 1929 ebenfalls herzog. Klakow wiederum war als Berliner gut in der Künstlerszene verhaftet.
Dort „tummelte“ sich unteranderem das Ehepaar Ruth Peschel und Rudolf Peschel: „Sie wurden von Hans Klakow hierher eingeladen. Erst lebten sie in einer Wohnung und waren dann froh, dass das Nachbarhaus von Klakow frei wurde. Damit wohnten sie sozusagen Seite an Seite mit dem Bildhauer“, erklärt Martin Peschel.
Später verstärkten die Gebrauchsgrafiker Volkmar Brandt und Elena von Martens, Bildhauer Guido von Martens, seine Frau, die Malerin Renée Dressler, sowie Glaskünstler Helge Warme die Kunstszene in der Gemeinde. Michael Hecker als moderner Maler unterhielt ein Atelier in Brieselang.
Martin Peschel ist Sohn des Künstlerehepaars Ruth und Rudolf Peschel. Er berichtet: „Mein Vater machte für viele der großen Zeitschriften wie Neue Berliner Illustrierte oder Wochenpost Illustrationen. Er war 40 Jahre für den Eulenspiegel tätig. Seine Arbeiten sind in über 50 Büchern zu sehen.“ Rudolf Peschel war in der DDR zudem ein sehr beliebter Kinderbuch-Illustrator.
Bücher von ihm waren 1972 und 1979 unter den „Schönsten Büchern der DDR“. „Er ist 1989 im Alter von 57 Jahren gestorben und hat die Wende nicht mehr miterlebt“, so Martin Peschel.

Erbe als Aufgabe
Dieser hat von Hans Klakow die Verpflichtung übernommen, das Erbe des 1993 mit 94 Jahren verstorbenen Bildhauers in Brieselang für die Öffentlichkeit zu erhalten. Hans Klakow war vor allem für seine natürlichen Darstellungen von Kindern und Tieren bekannt. Berühmt wurde eine Gruppe von drei Schulkindern, die 1961 entstand und gleich mehrfach gegossen wurde. Sie ist in Berlin, Erfurt, Dresden, Potsdam und in Brieselang zu sehen. Auf der Freundschaftsinsel ziehen seine Pelikane und die „Zeichnenden Kinder“ viele Bewunderer an. Die Pelikane sind außerdem in Falkensee vor der Europaschule zu sehen.
1999 wurde anlässlich des 100. Geburtstags von Hans Klakow eine Dauerausstellung in dessen früherem Atelier eröffnet. Die Wohnräume hat die Malerin Ruth Peschel bezogen, während Sohn Martin Peschel im früheren Elternhaus lebt, „weil da mehr Platz für die Familie ist“.
Martin Peschel ist hauptberuflich Lehrer für „Wirtschaft, Arbeit, Technik“, kurz „WAT“, an der nach Hans Klakow benannten Oberschule von Brieselang, die nun Gesamtschule wurde.

Eisenbahn statt Kunst
„Die künstlerische Ader habe ich insoweit geerbt, dass ich viel mit Zeichnungen umgehe. Die sind allerdings rein technisch“, schmunzelt er.
Doch sein Faible für Eisenbahnen hat ihn zu weiterer Kreativität getrieben. So entstand, angeregt durch einen Wettbewerb im Zuge einer Arbeitsgruppe, die er in der Schule initiiert hat, ein Abbild des Brieselanger Bahnhofs in Modulbauweise.
„Damit waren wir Teil einer Ausstellung mit allen Modellbau-Modulen aus Deutschland, die sogar ins Guinness-Buch der Rekorde einging“, freut er sich.
Das Modell hat das Jahr 1982 zum Thema, als Brieselangs Bahnlinie auf spektakuläre Weise elektrifiziert wurde: „Damals wurden die Masten mit schweren Hubschraubern eingeflogen. Das war mächtig laut“, erinnert sich Martin Peschel.
Als nächstes soll das Modell der Arbeitsgruppe zum 100. Geburtstag des Bahnhofs mit ausgestellt werden: „Das Bahnhofsgebäude entspricht dem Stand von 1925. Aus der Zeit vorher konnte ich keine Bilder auftreiben“, begründet Martin Peschel. „Das Brieselang-Modell ist Teil der zehn Meter langen Modulanlage „Kreuz und quer durchs Havelland“.
Damit bringt der sehr emsige Lehrer also vieles an unbekannter Technik-, Orts- und Kunstgeschichte zusammen und trägt damit einen wichtigen Teil dazu bei, dass Brieselang in der eigenen Identitätssuche ein erhebliches Stück weiter kommt.

Erstellt: 2020